Am 25. November 2023 trafen sich einige Mitglieder der rechtsextremen Szene, darunter auch Mitglieder der Parteien AfD und CDU, um über die Verdrängung von Menschen mit Migrationshintergrund und die systematische Schwächung unserer Demokratie zu beraten. Recherchen des Investigativ-Mediums correctiv konnten dieses Treffen aufdecken, indem sie einen Reporter undercover vor Ort ermitteln ließen.

Das Treffen
Das geheime Treffen in der Nähe von Potsdam im Haus Adlon wurde von den Männern Gernot Mörig, einem Zahnarzt im Ruhestand, und Hans-Christian Limmer, einem Unternehmer und Mitgesellschafter der Fast-Food Kette „Hans im Glück“, veranstaltet. Im Einladungsbrief war eine Mindestspende von 5.000€, die rechten Organisationen zugute kommen sollten, gefordert. Anwesende der Partei AfD waren Roland Hartwig, Referent und enger Vertrauter von Alice Weidel, Gerrit Huy, Abgeordnete der Partei im Bundestag, Ulrich Siegmund, der Fraktionsvorsitzende der AfD in Sachsen Anhalt und Tim Krause. Die AfD steht vom Verfassungsschutz unter Beobachtung und Teile davon werden als gesichert rechtsextrem eingestuft. Trotzdem liegt sie laut Umfragen deutschlandweit bei 24% und in Brandenburg mit 32% sogar vor der CDU und SPD. Jedoch nahmen nicht nur Mitglieder der AfD teil, sondern auch der konservativen CDU. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Mitglieder der Werteunion, einer Parteigliederung der CDU/CSU.

Der „Masterplan“
Bei diesem Treffen ging es vor allem um ein Thema: Remigration. Das ist das Gegenteil von Migration, also dem Verändern des Lebensmittelpunktes in einen anderen Staat. Der erste Redner war Martin Sellner, ein durchaus bekannter Neonazi. Er sprach von einem sogenannten „Masterplan“, wie es auch schon im Einladungsbrief angekündigt war. Dabei teilte er diejenigen, die in seinen Augen Deutschland verlassen sollten, in drei Kategorien:
– Asylbewerber, also Flüchtlinge und Migranten, die noch keine finale Aufenthaltsgenehmigung haben
– Ausländer mit Bleiberecht
– und Menschen die seiner Meinung nach nicht „assimiliert“ genug sind, also nicht genug seinen Vorstellungen eines deutschen Staatsbürgers entsprechen, auch wenn diese einen deutschen Pass haben und hier geboren sind.
Mit dieser Aussage maßt er sich an, Menschen in unterschiedliche Werteklassen einzuteilen, was die klassische Form von Rassismus ist. Damit tätigt er nicht nur eine äußerst kontroverse Aussage, sondern verstößt gleich mehrfach gegen die deutsche Verfassung. Der offensichtlichste Verstoß ist wohl Artikel 3 unseres Grundgesetzes:

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Artikel 3, Abs. 3 GG

Er sagt, dass es ihm weniger darum ginge, die Verfassung zu ändern, sondern viel mehr darum, die Atmosphäre zu ändern. AfDler Ulrich Siegmund schlägt dazu vor, man solle ausländische Restaurants „unter Druck“ setzen, das Straßenbild ändern und es „möglichst unattraktiv“ machen, für dieses „Klientel“ hier zu leben. Sellner hatte die Idee eines „Musterstaates“ in Nordafrika, wo man alle betreffenden Personen „hinbewegen“ könne.
Ein Plan, der jetzt, wo das Treffen ans Licht gekommen ist, von sehr vielen stark verurteilt wird, auch von Mitgliedern der eigenen Partei.

Schwächung der Demokratie
Abseits von diesen Plänen, wurde auch über die Schwächung unseres demokratischen Rechtsstaates beraten. Dazu sollten Wahlen angezweifelt werden, die auf den fünf demokratischen Wahlgrundsätzen basieren, das Bundesverfassungsgericht in Verruf gebracht und alternative Meinungen geleugnet werden. Dies sind die Grundsätze unserer Demokratie; freie Wahlen, eine kontrollierende Judikative und Meinungsfreiheit. Diese Ideen sollen durch Propaganda und Social-Media (Influencer-Projekte) umgesetzt werden. Kurz gesagt, geht es den Teilnehmern darum, unseren Rechtstaat und unsere Demokratie zu untergraben.

Folgen
Nachdem dieses Treffen nun herausgekommen ist, reagieren oder drohen die Parteien mit Rausschmiss. So trennte sich Alice Weidel von ihrem Referenten Roland Hartwig und auch die CDU kündigte Konsequenzen für Teilnehmer an. Die Restaurant-Kette „Hans im Glück“ beendete die Zusammenarbeit mit Hans-Christian Limmer. Zudem flammte die Debatte mit der Forderung nach einem AfD-Verbot wieder auf, die es schon länger gab. Dies forderten auch 30.000 Menschen, die am Dienstag, den 16.1.2024 gegen die AfD auf dem Heumarkt demonstrierten. Friedlich demonstrierten AfD-Gegner auch in anderen Städten Deutschlands, wie auch in Potsdam selbst, mit Schildern, die Aufschriften trugen, wie zum Beispiel „AfD-Verbot jetzt!“ oder „FCK AFD“. Ein AfD-Verbot ist jedoch juristisch nur sehr schwer umsetzbar und müsste vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden.

Vergleich mit dem dritten Reich
Nicht ohne Grund vergleichen jetzt viele dieses Treffen und die besprochenen Themen mit dem Nationalsozialismus. Diese versuchten am Anfang auch erstmal die „Atmosphäre zu ändern“ und Menschen jüdischen Glaubens so unter Druck zu setzen, dass sie „freiwillig“ das Land verließen. Dies taten sie, wie es beim Treffen in Potsdam auch vorgeschlagen wurde, durch Propaganda und Hetze.
Es ist unklar, ob es ein Zufall ist, dass sich der Ort der Zusammenkunft nur 8 Kilometer vom Haus, in dem damals die Wannseekonferenz stattgefunden hat, befindet. Bei dieser wurde 1942 über die systematische Tötung von Juden beraten. Eine weitere Parallele zu der Zeit ist der Plan eines Musterstaates, in den die betroffenen Menschen deportiert werde könnten, da die Nazis ebenfalls eine Deportation auf die Insel Madagaskar vorhatten.

Dieses Treffen von hochrangigen AfD- und CDU-Politikern und Neonazis war zweifellos ein Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat und auf die grundsätzlichen Menschenrechte. Es bot außerdem einen Einblick in die Vernetzung der neuen Rechten und gab einen leichten Vorgeschmack, wie eine Regierung der AfD aussehen könnte.